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09.11.24 –
Ein differenziertes und empathisches Asylsystem: Marcel Emmerich über die Notwendigkeit einer humanen Asylpolitik
Marcel Emmerich, Obmann im Innenausschuss des Bundestags, hat am 29. Oktober den Grünen-Kreisverband Calw und die Grüne Jugend besucht. Thema des Abends war: „Migration, Asyl und die Debatte um Sicherheit: Wie wir Mythen und Fakten trennen und einen pragmatischen, menschenrechtsbasierten Weg finden können“. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete sprach beim Treffen im Restaurant Rössle eindringlich über die Notwendigkeit, eine differenzierte und menschenorientierte Debatte zu führen. „Wichtig ist, sich immer bewusst zu machen: Wir sprechen über Menschen und nicht über Sachen” betonte Emmerich, um die Bedeutung einer humanitären Perspektive in der Migrationspolitik hervorzuheben. Er kritisierte scharf die aktuellen Forderungen nach einem allgemeinen Asylstopp, der aus seiner Sicht die tatsächlichen Probleme wie Terrorismus und Sicherheit verfehle. Extremismus, Islamismus und Straftaten müssten entschieden verfolgt und nach unseren Gesetzen bestraft werden, aber keineswegs dürften alle Geflüchteten unter Pauschalisierungen leiden.
Chancenaufenthaltsrecht und positive Integrationsbeispiele
Emmerich machte auch Hoffnung für das Gelingen der Integration Geflüchteter in die Gesellschaftund den Arbeitsmarkt in Deutschland. Ein gutes Beispiel aus der Grünen Regierungszeit sei das Chancenaufenthaltsrecht. Dieses ermöglicht es Menschen, die im Oktober 2022 bereits seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, die Sprache gelernt haben und einen Arbeitsplatz haben, einen dauerhaften Aufenthalt zu beantragen. Laut Emmerich haben bereits 75.000 Menschen diesen Antrag gestellt. Zwei Drittel der Geflüchteten aus den Jahren 2015 und 2016 sind heute beruflich integriert und leisten damit einen Beitrag in einer Arbeitswelt, die aufgrund von Arbeitskräftemangel, etwa in der Serviceindustrie und Pflege, dringend Unterstützung braucht. Aktuell fehlen rund 400.000 Arbeitskräfte in Deutschland, gelungene Migration, zum Beispiel durch das schnelle Anerkennen von Berufsqualifikationen und die Erteilung von Arbeitserlaubnissen, ist also dringend notwendig.
Europäische Reformen und Fluchtursachenbekämpfung
Emmerich hob hervor, dass eine Reform der Asylpolitik auch auf europäischer Ebene geschehen müsse. Er kritisierte die Symbolpolitik der Union, die in der Debatte über Asylgesetze häufig nationale Alleingänge anstrebe und Forderungen der AfD nacheifere, anstatt die Notwendigkeit einer gemeinsamen europäischen Lösung anzuerkennen. Die geplante Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) könnte das bisherige Dublin-System ersetzen und eine gerechtere Verteilung von Asylsuchenden innerhalb der EU ermöglichen.
Ein weiterer wichtiger Punkt für Emmerich ist die Bekämpfung von Fluchtursachen durch Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Rüstungskontrollen. Er kritisierte dabei besonders jene politischen Akteure, die einerseits autoritäre Regime unterstützen und andererseits geflüchteten Menschen ihre Menschenrechte absprechen wollen.
Diskussionsrunde: Forderungen nach Unterstützung für Geflüchtete und differenzierter Umgang mit Straffälligen
Bürgermeister Ryyan Ashebl aus Ostelsheim plädierte dafür, straffällig gewordene Geflüchtete konsequenter ins Gefängnis zu bringen und nach wiederholten Vergehen abzuschieben. Mangelndes Durchgreifen führe dazu, dass auch bereits integrierte Geflüchtete mehr Ablehnung und Vorurteile erfahren würden. Emmerich stimmte zu, dass Straftäter konsequent bestraft werden müssen, warnte jedoch: „Es kann kein separates strafrechtliches System für Geflüchtete und Nicht-Geflüchtete geben, in dem ersteres auf jedes Vergehen mit Abschiebungen reagiert. Im Jugendstrafrecht gab es aber durchaus schon Verschärfungen, die zum Beispiel bei Körperverletzung eine Abschiebung erleichtern.“
Das kanadische Einwanderungsmodell, das auf einem Punktesystem basiert, stieß auf große Zustimmung unter den Teilnehmenden. Es wurde zwar die Befürchtung geäußert, dass Frauen aus Ländern, in denen Bildung weitgehend nur Männern zugänglich ist – wie beispielsweise Afghanistan – dadurch benachteiligt werden könnten. An sich sei eine Reform in Richtung Punktesystem aber ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung des Fachkräftemangels.
Weitere Verbesserungsvorschläge aus dem Publikum forderten, Arbeitgeber stärker in das Asylverfahren einzubeziehen, etwa indem sie für besonders engagierte Arbeitnehmer Empfehlungen aussprechen und mitentscheiden können, dass Aufenthaltsgenehmigungen erteilt werden. Auch Emmerich sah dies als eine positive Entwicklung, und fügte hinzu, dass dies mit einem Bürokratieabbau einhergehen müsse.
Einigkeit herrschte unter den Teilnehmenden der Veranstaltung über die Notwendigkeit, die psychosoziale Betreuung für Geflüchtete zu verbessern, besonders für diejenigen, die traumatische Fluchterfahrungen gemacht haben. Hier fehle es oft an geschultem Personal und finanziellen Ressourcen, was zur Verschlechterung der psychischen Gesundheit und zur Verringerung von Integrationschancen beitrage.
Fazit: Ein Plädoyer für Empathie und eine differenzierte Migrationspolitik
Abschließend forderte Marcel Emmerich eine differenzierte Herangehensweise in der Asylpolitik, die Steuerung, Ordnung und Empathie miteinander verbindet und Sicherheit gewährleistet. Angesichts der zahlreichen Herausforderungen sei eine klare und konstruktive Asylpolitik notwendig, die langfristig auf eine humane und gerechte Integration zielt. Emmerichs Appell stellt die Menschlichkeit in den Vordergrund und setzt auf eine Asylpolitik, die die Potenziale von Migration erkennt und zugleich die Sicherheit der Gesellschaft gewährleistet.
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