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27.07.23 –
Wer in die Apotheke geht, ist auf der Suche nach dem richtigen Medikament. Wer eine Kultur-Veranstaltung besucht, hat Interesse daran, sich berühren zu lassen durch das, was Künstler*innen zu bieten haben. Wenn es sich gut trifft, dann wirken die kulturellen Erlebnisse in der Calwer Kulturapotheke und helfen bei der Beantwortung der Frage „Wie WIR leben wollen“. Eine Auseinandersetzung mit Emanzipation und Freiheit hat der Kreisverband der Grünen versprochen.
Eingeladen wurde zu einem Sonntag-Nachmittag mit vollem Programm aus Musik, Literatur und Politik. Ganz offenbar genau das Medikament, das viele gesucht haben, denn über 25 Gäste kamen in den Marktplatz 22, in die ehemalige Alte Apotheke. Dank des Förderprogramms „FreiRäume“ des Landes Baden-Württemberg ist hier ein sehr ansprechender Raum für kulturelle Begegnung entstanden.
Sehr prominent im Raum steht ein großer schwarzer Flügel, hinter dem die junge Künstlerin Kiara Huber schon Platz genommen hat. Neben sich ein kleines Schlagzeug mit Leon Küting. Siggi Beck vom Kreisvorstand moderiert und gibt Stichworte für die Sängerin, deren emphatische Stimmung nach und nach immer mehr auf das (doch etwas ältere) Publikum überspringt. Mit dem Seit Jahrzehnten bewährten Stimmungsaufheller „Imagine“ von John Lennon trifft Kiara Huber gleich den Bedarf der Anwesenden.
Die nächste Portion an helfender Medizin verabreichte Lucia Leidenfrost mit Lesungen aus ihrer Literatur und weckt dabei tiefe Gefühle. Sie ist schreibende, alleinerziehende Mutter. Eindringlich beschreibt sie, was es heißt, wirklich ein Kind auf die Welt zu bringen. Der Lebensanfang von uns allen. Ab dann ist das Kind genau wie das Schreiben immer bei ihr dabei. Von ihrem Kampf, beidem, Kind und Schreiben gerecht zu werden, handeln ihre Texte. Dicht und radikal ehrlich offenbart sie ihr Innenleben, ihre Zerrissenheit: „Ich trage statt meiner Sätze mein Kind auf dem Arm“. Aber der ganze FreiRaum in der Kulturapotheke wird Zeuge davon, wie prägnant und berührend ihr die Sätze gelingen, mit denen sie darum kämpft, ein würdevolles Leben führen zu können.
„Ich sehe die Kinder auf der Straße, die nicht genug zu essen haben. Wer bin ich, dass ich so blind bin? Dass ich so tue, als ob ich nicht sehe, was sie brauchen.“ (Siggi Beck)
Und immer wieder im Wechsel sorgt Siggi Beck mit seinen verbindenden Texten dafür, dass Kiara Huber ihren rhythmischen Seelenbalsam verabreichen kann. So trägt eine dichte Stimmung eine Stunde lang durch den Nachmittag.
Stefanie Seemann bekommt das Wort. Seit 2016 vertritt sie den Enzkreis als Abgeordnete von Bündnis90/Die Grünen im Landtag. „Nach den intensiven Texten und der Musik fällt es mir als fünffache Mutter jetzt etwas schwer, den Bogen zur Politik hinzubekommen“.
Frauenpolitik und Kultur im ländlichen Raum und die Rolle des Ehrenamtes verabreicht Stefanie Seemann als Heilmittel gegen rechtliche Ungleichheit und vor allem gegen die zu geringe Repräsentation von Frauen im gesamten demokratischen Prozess. „Menschen als soziale Wesen brauchen Gemeinschaft und Zusammenhalt. Und Chancengleichheit nicht nur auf dem Papier. Momentan sind nur 26% Frauen in den Gemeinderäten von Baden-Württemberg.“ Natürlich sind die nächsten Kommunalwahlen im Frühjahr 2024 eine große Chance, um das zu ändern. Ändern müssen sich aber auch die Bedingen dafür – es fallen einem gleich die immensen Schwierigkeiten einer alleinerziehenden Mütter ein, die Lucia Leidenfrost so wortstark beschrieben hat. Stichworte dazu sind Kitas, ÖPNV, und Betreuung während den politischen Sitzungen.
Gerne zitiert Stefanie Seemann Richard von Weizsäcker zur doch so umfassenden Bedeutung von Kultur, die an diesem Nachmittag in der KulturApotheke alle Anwesenden als Bildungsprozeß erleben konnten.
„Denn Kultur ist kein Luxus, den wir uns leisten oder nach Belieben streichen können, sondern der geistige Boden, der unsere innere Überlebensfähigkeit sichert.“
Kategorie
Bildung und Erziehung | Literatur und Musik | Soziale Gerechtigkeit
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