04.09.25 –
Seit 20 Jahren setzt sich Sophie Kraul für die Biolandwirtschaft ein. Heute bewirtschaftet sie gemeinsam mit ihrer Familie einen Demeter Hof in Wildberg und kämpft für eine Landwirtschaft, die Tierwohl, Bodengesundheit und gesellschaftliche Verantwortung miteinander verbindet.
Sophie, wie bist du zur ökologischen Landwirtschaft gekommen?
Meine erste Begegnung war in Südfrankreich. Dort half ich einer Engländerin, einen alten Olivenhain wieder in Schuss zu bringen. Da habe ich zum ersten Mal gespürt, wie erfüllend es ist, mit den eigenen Händen etwas zu schaffen, dessen Wirkung man sofort sieht.
Und wie sieht deine Arbeit heute aus?
Seit bald zehn Jahren lebe ich mit meiner Familie auf unserem Hof im Schwarzwald. Wir halten Legehennen in mobilen Ställen, die regelmäßig auf frisches Grün kommen, und Rinder, die wir auf der Weide grasen lassen. Wir bewirtschaften etwa 100 Hektar Land, also etwa 100 Fußballfeldern Fläche und bauen dort neben Futterpflanzen auch Kartoffeln, Linsen und Dinkel an. Alles nach biologisch-dynamischen Methoden.
Was war für dich die größte Herausforderung bisher?
Wer keinen Hof erbt, muss erst einmal einen finden und dann das Startkapital aufbringen. Das hat bei uns Jahre gedauert. 2018 hatten wir das Glück, in einer guten Zeit starten zu können und genug Unterstützung aus unserer Familie zu bekommen. Während der Corona-Pandemie haben viele Menschen bewusster eingekauft, das hat uns geholfen in den ersten Jahren. Mit Krieg, Inflation und allgemeiner Verunsicherung hat sich das geändert. Plötzlich war unklar, ob Menschen bereit sind, für mehr Tierwohl und Bodengesundheit auch mehr zu zahlen. Das war für mich ein echter Tiefschlag. Wieviel von dem, was wir für richtig halten, ist für die Gesellschaft heute umsetzbar und leistbar? Das ist einfach eine schwierige Frage in der Landwirtschaft oder in jedem Bereich, wo man sich mit Nachhaltigkeit und dadurch natürlich teureren Konzepten erstmal beschäftigen muss.
Was gibt dir Kraft? Was würdest du jemandem raten, der auch einen Bio-Hof starten möchte?
In der Landwirtschaft ist man nie allein. Wir haben tolle Nachbarn und Kunden, die sich für unsere Arbeit interessieren und uns unterstützen. Diese Rückmeldungen geben mir Mut, auch wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schwierig sind. Wenn ich jetzt jemandem Rat geben müsste, der auch ein Hof starten will, dann würde ich auch sagen, das Wichtigste ist eigentlich, dass du ein klares Ziel vor Augen hast. Eine Idee, wie du deinen Hof in eine Wirtschaftlichkeit führen möchtest, dann musst du eigentlich nur noch den richtigen Ort dafür finden.
Du engagieren dich auch politisch. Warum?
Ich finde es wichtig, dass die Gesellschaft versteht, was wir Landwirtinnen und Landwirte tun und durch dieses Verstehen auch weiterhin den Willen aufbringt, Steuergelder für eine wirklich zukünftige Landwirtschaft bereitzustellen. Ein Herzensthema ist für mich der Erhalt der gentechnikfreien Landwirtschaft in Europa. Seit 20 Jahren haben wir hier das Privileg, gentechnikfrei zu arbeiten. Das ist ein Pfund, das wir unbedingt bewahren sollten.
Wie siehst du die Zukunft Ihres Hofes?
Wir setzen uns jedes Jahr kleine Ziele, probieren neue Kulturen aus und versuchen unseren Idealen näher zu kommen. Politisch wünsche ich mir, dass Landwirtinnen und Landwirte in Brüssel eine stärkere Stimme bekommen. Bis heute vertritt die Agrarlobby in erster Linie die Interessen der Agrochemie und großen Lebensmittelindustrien, nicht die bäuerliche Landwirtschaft. Das muss sich ändern! Ganz grundsätzlich möchte ich an Konzepten mitarbeiten, die Landwirtschaft und Natur nicht als Gegensätze verstehen, sondern sich gegenseitig bereichern können.
Gibt es jemanden, der dich besonders inspiriert hat?
Ja – das Buch „Wildes Land“ von Isabella Tree. Es zeigt, wie Natur, Nutztierhaltung und Flächennutzung wieder zusammenfinden können. Es hat mir Hoffnung gegeben, weil es beweist, dass mutige, ungewöhnliche Schritte möglich sind.
Wer mehr über biologische Landwirtschaft und den Unteren Berghof erfahren möchte, kann gerne zum Saatgutspaziergang "Vielfalt bewahren, Freiheit verteidigen" am 23. September 2025 um 19 Uhr vorbeikommen. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Deutschlandweiten Aktionswochen „Gentechnikfreies Essen" statt.
Informationen unter https://aktionswochen-gentechnikfreies-essen.de/
oder www.unterer-berghof.de
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